Therapie
Zur Therapie des FPC und der OCD wird in den meisten Fällen die möglichst frühzeitige operative Entfernung empfohlen. Beim Vorliegen einer Stufenbildung zwischen Radius und Ulna kann zusätzlich eine operative Durchtrennung der Ulna entlastend wirken. Im weiterenVerlauf der Erkrankung kommt es jedoch trotz des chirurgischen Eingriffs zu einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Fortschreiten der Arthrose.
Die Prognose nach operativer Behandlung hinsichtlich der Lahmheit ist abhängig vom Zeitpunkt des Eingriffs und den bereits bestehenden Arthrosen und variieren zwischen 30 – 70 % lahmheitsfreier Fälle. Als günstig wird die Prognose betrachtet, wenn die Operation frühzeitig erfolgt, also noch keine oder nur minimale Arthrosen vorliegen. Liegen dagegen bereits deutliche Arthrosen vor, verschlechtert sich die Prognose zunehmend. Jedoch kann es bei Vorliegen einer starken Lahmheit durch einen operativen Eingriff mit Entfernung des FPC und/oder der OCD auch bei schweren Arthrosen zumindest zu einer Verbesserung der Symptome kommen.
Da die frühzeitige Diagnose des FPC röntgenologisch schwierig zu stellen ist, befürworten einige Autoren bei disponierten Rassen mit entsprechender Lahmheit und Schmerzhaftigkeit im Ellbogengelenk, auch ohne oder mit nur dezenten Röntgenbildveränderungen eine diagnostische Gelenkeröffnung bzw. Arthroskopie vorzunehmen. Der Vorteil der Arthroskopie für die Diagnostik ist sicherlich der minimalinvasive Charakter dieses Verfahrens. Gleichzeitig ist bei Bestätigung der Verdachtsdiagnose auch die arthroskopische Entfernung des FPC und der OCD möglich.
Isolierter Processus anconaeus (IPA)
Vorkommen
Auch vom IPA sind schnellwachsende, schwere Hunde mittelgroßer und großwüchsiger Rassen besonders betroffen, wobei der Deutsche Schäferhund in der Häufigkeit herausragt. Aber auch andere Hunderassen, wie beispielsweise Amerikanische oder Belgische Schäferhunde, Weimaraner, Mastiff, Bassett, Bernhardiner, Mastino und Deutsche Dogge sowie Mischlinge aus den betroffenen Rassen können darunter leiden. Die Erkrankung kann sowohl ein- als auch beidseitig vorkommen.
Symptome und Diagnostik
Das Krankheitsgeschehen beginnt mit dem Ausbleiben der Fusion des Processus anconaeus mit der Ulna zwischen dem vierten und fünften Lebensmonat. Das Auftreten der ersten Symptome ist jedoch unterschiedlich, und bei vielen Hunden wird die Diagnose erst viel später gestellt.
Die betroffenen Hunde zeigen eine ein- oder beidseitige, zeitweise oder ständige Lahmheit unterschiedlicher Deutlichkeit. Bei einseitiger Erkrankung bemerkt der Besitzer die anfangs meist nur leichte Lahmheit jedoch oft frühzeitiger als bei beidseitigem IPA. Gelegentlich wird als Ursache der Lahmheit ein leichtes Trauma beobachtet.
Im Stand wird die erkrankte Gliedmaße im Ellbogengelenk meist vom Körper weg gehalten. In einigen Fällen kann auch eine gewisse X-Bein Stellung des Vorderfußes vorliegen. Beim Betasten ist das Gelenk vermehrt gefüllt und schmerzhaft, insbesondere wenn man von oben auf die Gelenkkapsel drückt. In chronischen Fällen ist das Gelenk durch die Arthrosen knöchern verdickt und es kann bei Bewegung ein sogenanntes „Schneeballknirschen“ verspürt oder gehört werden. Zusätzlich ist der Bewegungsradius eingeschränkt und es kann eine Streckhemmung des Ellbogengelenks vorliegen.
Röntgen
Auch beim Vorliegen eines IPA kann klinisch nur eine Verdachtsdiagnose erhoben werden, die anhand einer Röntgenuntersuchung abgesichert werden muß. Dafür sind grundsätzlich Aufnahmen in zwei senkrecht zueinander stehenden Ebenen anzufertigen. Besonders bei jungen Hunden empfiehlt es sich, das Ellbogengelenk in seitlichem Strahlengang extrem zu beugen, da hier noch Wachstumsfugen an anderen Gelenkbereichen vorliegen, die zur Verwechslung führen können. Bei über acht Monate alten Hunden ist der Grad der Gliedmaßenbeugung für die Diagnose nicht mehr entscheidend, da durch das Fehlen der Wachstumsfugen die Röntgenbildinterpretation auch bei Überlagerung des Processus anconaeus durch andere Knochenstrukturen möglich ist. Auch bei dieser Erkrankung sind immer beide Ellbogengelenke zu röntgen, da die Erkrankung trotz einseitiger Lahmheit beidseitig vorliegen kann.
Im Anfangsstadium ist nur eine lineare Aufhellungszone (dunkle „Linie“) zwischen dem Processus anconaeus und der Ulna durch das Ausbleiben der knöchernen Verbindung zu sehen (Abb. 8). Ein Verbleiben der Zone über ein Lebensalter von viereinhalb bzw. fünf Monate hinaus ist als krankhaft anzusehen. Bei längerem Bestehen des IPA kommt es zur Bildung einer Arthrose (Abb. 9). Gleichzeitig mit der Entstehung der Arthrose kann sich der Processus anconaeus loslösen und umgestalten.